MHA in Afrika – ein musikalisches Reiseabenteuer

Patten2In der ersten Augusthälfte 2013 besuchte eine Gruppe der Heilsarmee aus der Schweiz das afrikanische Land Zimbabwe. Mit dabei war als Gast auch eine 1-Mann-Delegation des Musikvereins Harmonie Altstetten.
Der Zweck der Reise war die (Mit)Organisation des ersten «Southern Africa Region Music Camp» mit Teilnehmern aus Simbabwe, Südafrika und Sambia.


wasserpumpe

In der ersten Woche stand ein Besuch an der Bradley High School, einer von der Heilsarmee geführten Internatsschule, auf dem Programm. Dort wurden vor kurzem zwei neue, vom Schweizer Hilfswerk SwiZimAid finanzierte Wasserpumpen mit 60 Meter tiefen Bohrlöchern in Betrieb genommen. Damit kann jetzt die Schule den ganzen Tag mit Wasser versorgt werden – vorher gab es nur eine Stunde pro Tag fliessendes Wasser.

 

Der Rest der Woche war der Vorbereitung des Musiklagers gewidmet. Wir trafen uns in Kariba an der simbabwisch-sambischen Grenze mit den Vorab-Delegationen aus Simbabwe, Südafrika und Sambia, um das Programm für die folgende Woche, die Leitung der Bands sowie die Verteilung der vorhandenen Noten auf die verschiedenen Bands zu beschliessen.

Nach der nicht ganz reibungslosen Rückkehr nach Harare stand am Samstag der erste Höhepunkt auf dem Programm: die Instrumentenverteilung. 115 in der Schweiz gesammelte und revidierte Brass-Instrumente, zwei Percussion-Sets und einige Trommeln wurden im Rahmen einer Feier an die neuen Besitzer übergeben.

Die Freude über die neuen Instrumente war unübersehbar – gut verständlich, wenn man die viel zu wenigen und zum Teil abenteuerlich aussehenden vorhandenen Instrumente betrachtet.

Am Sonntag ging es dann mit dem Lager richtig los: Nach einer recht kurzen Fahrt, das letzte Stück auf einer staubigen Naturstrasse, kamen wir an der Masowe High School (einem anderen Internat der Heilsarmee nördlich von Harare) an.

Am Nachmittag standen dann als erstes die Auditions für die Südafrikaner auf dem Programm. Diese waren bereits am Morgen nach 24-stündiger Busfahrt in Mazowe angekommen. Am Abend waren dann die Zimbabwer an der Reihe, die Sambier trafen erst am späten Abend ein und traten am Montagmorgen zum Vorspielen an.

Vor dem Mittag kam dann für alle der Moment der Wahrheit: wer hat es in die angesehene A-Band geschafft, wer kommt in die beiden B-Bands (die Springboks und die White Rhinos) und wer spielt bei den Anfängern der C-Band (die Zebras)?
Auch die Songsters hatten ihre Auditions, doch dabei ging es mehr um die Stimmlage, denn es wurde ein einziger, ca. 100-köpfiger Chor gebildet.

Ab Dienstag etablierte sich dann langsam der Lageralltag: Am Vormittag zwei Stunden Probe, dann eineinhalb Stunden Workshops (vom Brass Ensemble über Dirigieren, Singtechnik, Salsa-Tanzen bis Website erstellen), am Nachmittag nochmals zweieinhalb Stunden Probe, unterbrochen von einem halbstündigen «Tea Break».

Am Abend wurden verschiedene Veranstaltungen durchgeführt, vom Quizabend (die Schweiz landete im Stichentscheid gegen Südafrika auf dem gloriosen vierten Platz) über Kino und Talent-Night (mit vielen z.T. sehr ansprechenden musikalischen Darbietungen, natürlich auch mit den «Swiss Guys») bis zum Fotoabend mit Lagerbildern.

Der Probenbetrieb fand für die A-Band und die Songsters in zwei Hallen (meist mit geöffneten Fenstern) statt, für die B- und C-Bands aber an der frischen Luft. Wenn dann von allen Seiten her Musik und Gesang zu hören war, ergab das eine ganz spezielle Atmosphäre.

Ich hatte mich selber in die B-Band «Springboks» eingeteilt, in der Hoffnung, dort eine ruhige Kugel schieben zu können, denn Workshops und administrative Arbeiten gaben schon genug zu tun. Doch daraus wurde nichts, denn die Bandmaster setzten «hinterrücks» ein Euphonium-Solo aufs Programm. Dieses war dann auch das Präsentationsstück der Springboks bei der «Inspektion» des Lagers durch die Heilsarmee-Landesleiter von Simbabwe und Sambia am Freitag Vormittag.

Viel zu schnell war die Woche zu Ende und das Abschlusskonzert in Harare am Samstag stand auf dem Programm. Doch zuvor ergab sich nochmals ein «afrikanisches» Problem: Für die Zimbabwer und die Südafrikaner stand nur ein Bus zur Verfügung, weshalb dieser die Strecke zweimal zurücklegen musste. Allerdings hatte offenbar niemand daran gedacht, dass an diesem Samstag auch die Eintrittstests an der Mazowe High School stattfanden, was dazu führte, dass die Naturstrasse zur Schule hoffnungslos verstopft war. Doch das Publikum trug die Verzögerung mit grosser Fassung und vertrieb sich – zusammen mit den Songsters –  die Zeit mit Singen und Tanzen. Schliesslich trafen die Südafrikaner doch noch am Konzertort ein und das grosse Abschlusskonzert konnte mit zwei Stunden Verspätung über die Bühne gehen.

Die Qualität der Darbietungen war sehr unterschiedlich. Ein grosses Problem ist die Intonation. Warum das (auch) so ist, wurde mir beim ersten Stimmen in der Springboks-Band klar: der Bandmaster musste bei jedem Musikanten zuerst fragen, ob das Instrument überhaupt gestimmt werden, d.h. der Stimmzug überhaupt bewegt werden kann. Wohl bei der Hälfte war dies nicht der Fall.

Auch die Dynamik bewegt sich vor allem im Bereich laut bis sehr laut. Selbst wenn manchmal sogar aus der Band die Bemerkung kam, dass doch eigentlich Mezzopiano geschrieben sei: im Eifer des Gefechts waren v.a. die Cornets dann kaum zu bändigen.

Insgesamt gab es von «Guggenmusik» bis gepflegten Vorträgen alles zu hören. Erstaunlich war aber doch, welche Fortschritte die einzelnen Musikantinnen und Musikannten und die ganzen Bands in dieser Woche gemacht haben.

Erstaunlich gut – und deutlich höher als bei den Brassbands – war das Niveau des Chors. Besonders bei den afrikanischen Liedern überzeugten die Songsters mit kraftvollen, lebendigen, aber sehr kultivierten Auftritten.

Insgesamt war dieses Musiklager eine eindrückliche Erfahrung: Junge und junggebliebene Menschen aus vier Ländern haben sich zusammengefunden, um gemeinsam Musik zu machen, und sind dabei – in den einzelnen Gruppen wie auch als ganzes Lager – erstaunlich schnell zu einer Gemeinschaft geworden, in der die Nationalität kaum mehr eine Rolle spielte. Die Freude und der Enthusiasmus, mit denen Musik gemacht, die Gelassenheit und der Humor, mit denen auf Probleme und Unvorhergesehenes reagiert wurde, die Freundlichkeit und Dankbarkeit der Menschen – all das wird mir in bester Erinnerung bleiben. Wahrlich ein unvergessliches musikalisches Reiseabenteuer!

concert_springboks_groupphoto

Gerold Ritter